Sektencheck: OCG vs. Zeugen Jehovas – ein Gespräch mit Bushido




In Bushidos Format „Back On Track – Neuanfang mit Bushido“ auf Amazon prime / Freevee begleitet der Rapper junge Erwachsene, die mit schweren Erlebnissen in ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben. Die Betroffenen leiden unter Panikattacken, Gewalt in der Familie und Angststörungen.

In Folge 6 der ersten Staffel trifft Bushido Susanna.
Eine junge Frau, die jahrelang Teil der Sekte OCG aus der Schweiz war.
Die Produktionsfirma bat mich zum Interview, um mehr über Sekten wie die OCG oder die Zeugen Jehovas zu erfahren.

In der Vorbereitungsphase wurde mir immer klarer, wie ähnlich sich beide Sekten sind. Auch, wenn deren Ursprung völlig unterschiedlicher Natur ist.

Eine gute Gelegenheit, Susannas Erfahrungen mit meinen abzugleichen.

„Ich würde gern eine Religion gründen.
Damit kann man Geld machen.“
– L. Ron Hubbard, Gründer von Scientology –


Ursprung & Propaganda im Vergleich

Im Jahr 1999 gründete der ehemalige Automechaniker Ivo Sasek die als christliche Sekte eingestufte „Organische Christus-Generation“ (OCG). Die OCG-Bewegung mit Sitz und Zentrum in der Schweiz, zählt lt. Internetangaben zwischen 2.000 und 3.000 deutschsprachige Mitglieder. Über das hauseigene Portal „kla.tv“ (aka Klagemauer TV) erreicht Ivo Sasek eine zigfach größere Menschenmenge. Hier werden Verschwörungstheorien, Rechtsesoterik und Fake News wie seriöse Nachrichten verkauft.

OCGer glauben z.B. an eine Rothschild-Verschwörung zum 11. September, Chemtrails, halten eine flache Erde für nicht ausgeschlossen und sympathisieren mit Holocaustleugnern, bieten ihnen gar eine Bühne.

Wissenschaft wird abgelehnt, was kruden Verschwörungstheorien und rechtsextremem Gedankengut Tür und Tor in das Innerste der Gläubigen öffnet

Sasek sieht sich als einzig wahren religiösen Führer, der die Menschheit vor der nahen Apokalypse retten kann.


Zeugen Jehovas – die sich vor 1931 „Bibelforscher“ nannten – wurden Ende des 18. Jahrhunderts von dem Amerikaner Charles Taze Russell, einem Adventistenprediger gegründet.
Lt. Webseite der Zeugen Jehovas gibt es heute weltweit um die 8 Millionen Mitglieder.
Auch sie werden über ein internes Streaming-Format mit religiöser Propaganda versorgt.

Zeugen Jehovas sind davon überzeugt, sie hätten die „Wahrheit“ und somit einzig allein die wahre Religion. Sie folgen ihrer Führerschaft in New York – „Die leitende Körperschaft“ genannt – bedingungslos. Gottes große Schlacht „Armageddon“ – eine Art Verschwörungserzählung der Zeugen Jehovas – überleben nur jene, die die wahre Anbetung Gottes kennen und leben.

Diese geistige Führerschaft der Zeugen Jehovas sendet ebenso regelmäßig aus ihren eigenen Studios aus Warwick im Bundesstaat New York. Eine professionelle Studiokulisse, die einem Nachrichtenstudio täuschend ähnlich sieht.

Die Webseite der Zeugen Jehovas steht weltweit angeblich in 1.000 Sprachen zur Verfügung.
Andere werden durch den sogenannten Predigtdienst erreicht. Gläubige bieten ihr Propagandawerkzeug (Wachtturm, Erwachet usw.) mit Hinweis auf ihre Webseite auf Straßen oder ungefragt an Haustüren den Bewohnern an.

Die Wissenschaft ist auch in den Reihen der Zeugen Jehovas immer wieder ein kritischer Punkt. Ansätze werden nur akzeptiert, wenn sie mit den Lehren der Bibel übereinstimmen, bzw. die Wachtturmgesellschaft sie zulässt. Evolutionstheorie oder die medizinische Errungenschaften der lebensrettenden Maßnahme einer Bluttransfusion werden strikt abgelehnt.
Ausnahme: Bulgarien!

Starke Kontrolle über Mitglieder

Beide Gruppen üben intensiven sozialen und geistigen Druck aus.

Abweichungen von der Lehre oder Kritik an der Führung werden als Abfall oder „vom Teufel beeinflusst“ dargestellt.

Die Gemeinschaft wird oft über Familie, Freundschaften und persönliche Freiheit gestellt.

Eines der Werkzeuge zur Indoktrination sind Großveranstaltungen wie Kongresse. Dort werden Mitglieder anhand Vorträge, Videos, manipulatives Liedgut und weiterer Propaganda radikalisiert.
Sasek gebraucht für diesen Vorgang die Phrase „Kopf ab!“. Heißt, die Anhängerschaft solle das eigenständige Denken beenden.

Bei wöchentlichen Zusammenkünften oder Bibelstudienkreisen wird ebenso jeweils hauseigenes Propagandamaterial „studiert“.

Mehr zum Thema Manipulation und Gehirnwäsche findest du -> hier!

Warum sich Menschen freiwillig Sekten zuwenden, findest du -> hier!

Abschottung von der Außenwelt

Es gibt eine klare Trennung in „wir gegen die Welt“.
Zeugen Jehovas bezeichnen Nicht-Zeugen-Jehovas mit Ungeziefer.

Weltliche Medien, Wissenschaft, Staat und andere Religionen werden oft als „irregeleitet“, „böse“ oder „feindlich“ dargestellt. Erst recht, wenn kritische Berichte veröffentlicht werden. Aufklärende Presse- oder auch Blogartikel werden als Lügen abgestempelt, als Angriffe Satans auf die einzig wahre Religion. Die Anhängerschaft ist angehalten, nichts davon zu konsumieren. Die kritischen Berichte seien Bestandteil ihrer „Verfolgung“.

Mitglieder sollen nur untereinander heiraten.
Wer eine „weltliche“ Person ehelicht, gilt als schwach im Glauben und ist kein guter Umgang.

Druck auf Kinder und Familien

Kinder wachsen oft in einem engen religiösen Weltbild auf, das kaum Raum für freie Entfaltung lässt.

Eigenständiges Denken wird nicht gefördert, sondern oft als gefährlich oder sündig dargestellt.
Eine Studie der Uni Zürich brachte alarmierende Ergebnisse zum Thema Bildung bei Zeugen Jehovas.

In beiden Gruppen wird das Familienleben stark religiös durchdrungen – inklusive Schulwahl samt weiterführender Bildungswege, Medienkonsum, Freundschaften und Beziehungswahl.

Die Erziehung ist in beiden radikalen Gruppierungen gewaltvoll. Sei es durch Anwendung von körperlicher, und/oder auch psychischer Gewaltanwendung, um den Willen des Kindes zu brechen.
Die OCG lehnt eine gewaltfreie Kindererziehung offen ab.

OCG-Familien fordern von ihren Kindern völlige Unterwerfung dessen, was Sasek als Gottes Willen deklariert. Dafür empfiehlt er körperliche Gewalt als notwendiges und biblisch begründetes Erziehungsmittel. Der Eigenwille des Kindes muss gebrochen und das Böse gründlich ausgetrieben werden. Undank und Unzufriedenheit sollen mit Verzicht oder Arrest bestraft werden, um dem Kind Demut zu lehren.
Bei Widerstand soll mit einer Bambusrute bis zu blutigen Striemen auf das Gesäß geschlagen werden.

Das Büchlein „Mama, bitte züchtige mich!“ – wurde verfasst von drei Kindern der Sasek-Familie. Zu dem Zeitpunkt waren sie noch minderjährig. Sie beschreiben die Schläge der Eltern mit der gefürchteten Bambusrute als notwendige Erziehungsmaßnahme, sowie ihre kindliche Angst vor den Schlägen.

Aussteiger und Aussteigerinnen der OCG berichten über schwere Misshandlungen in ihrer Kindheit.

Im Religionsrecht der Zeugen Jehovas sind körperliche Züchtigungen nach wie vor Teil der Kindererziehung.
Eigens für Kinder produzierte gewaltvolle Filme und Bilder sind Bestandteil der Indoktrination.

Kinder sind ebenso dem Bluttransfusionsverbot unterworfen, was eine gewaltvolle Erfahrung mit sich ziehen kann.

Wo ist die Politik? Wo bleibt der Schutz des Staates für die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft?


Mehr zum Thema Kindeswohlgefährdung liest du -> hier! und -> Zeugen Jehovas missachten Menschenrechte!

Führerkult / Autoritäre Struktur

Zeugen Jehovas folgen der „leitenden Körperschaft“ in New York als gottgesandte Autorität. Sie bezeichnen sich als vom Heiligen Geist inspiriert und fordern bedingungslosen Gehorsam ihrer Schäfchen. Ein Hinterfragen der Männer ist nicht gestattet und kann Konsequenzen nach sich ziehen.

Sie lehnen demokratische Prozesse ab und verweigern z. B. ihre Beteiligung an Wahlen. Bei Zuwiderhandlung kann Exkommunikation erfolgen.

Die OCG sieht in Ivo Sasek eine prophetische Figur, dessen Worte ebenso kaum infrage gestellt werden. Er bietet Holocaustgegnern eine Bühne und verbreitet auf seinem Kanal kla.tv demokratiefeindliche Fake News.

Kritik an der Führung gilt als Rebellion gegen Gott.


Endzeitdenken

Beide Gruppen sind stark apokalyptisch geprägt.

Die Welt gilt als kurz vor dem Untergang stehend, was zu ständiger Angst oder Druck führen kann, „rein“ oder „bereit“ zu sein.
Bei Zeugen Jehovas geht zwar die Welt nicht unter, aber in Gottes großer Schlacht Armageddon werden all jene gerichtet, die keine Diener der wahren Anbetung und Religion sind.

Dies kann zu extremem missionarischem Eifer und rigidem Lebensstil führen.


Wenig Toleranz für Kritik oder Zweifel

Zweifler gelten als schwach im Glauben oder als Verführer.
Diese Personen müssen „entfernt“ werden und dienen im Nachhinein als Anschauungsmaterial als „Satans Handlanger“ mit Eigenschaften, die man nicht haben solle.

Ehemalige/Aussteiger seien dem Tode geweiht und stellen eine Gefahr für die wahre Anbetung dar.
Wer weiterhin Kontakt zu Ausgeschlossenen Personen pflegt – selbst in der engen Familie – kann ebenfalls ausgeschlossen werden.

Zweifel werden oft psychologisiert oder dämonisiert.
(„Der Feind/Satan will dich verwirren“).

Finanzen der Sekten

Beide Gruppierungen erhalten zum Teil beachtliche Spenden ihrer Gläubigen.
Ebenso wertvoll ist die ehrenamtliche und unentgeltliche Arbeit des Einzelnen für die Sekten.

Zeugen Jehovas verkaufen immer wieder Königreichssäle und Kongressgebäude.
Erbaut wurden sie mit eigener Muskelkraft in der Freizeit der Gläubigen, der Gewinn durch inzwischen immens gestiegenen Immobilienwerte geht aber an die Weltzentrale in Amerika.
Auch Erbschaften wie Aktien werden gerne angenommen.

Ein weites Themenfeld, das hier immer wieder erweitert wird.

ZDF Die Spur „Gott, Geld, Gehorsam“


Das Verlassen der Sekte

Für Hineingeborene und all jene, die bereits ihre Kindheit in den Gruppierungen verbrachten, ist ein Ausstieg sehr schwer. Das Weltbild sitzt tief verankert in der Persönlichkeit der Betroffenen. Sie leben in einem Paralleluniversum, meist ohne es zu bemerken.

Ein Ausscheiden erfolgt entweder durch Entfernung, oder selbst gewähltem Aussteigen.
Ausgeschlossen, bzw. entfernt werden jene, die sündigen und gegen das Regelwerk verstoßen.
Personen, die die Machenschaften der Sektenbosse erkennen, gehen den Weg aus der Sekte oft eigenständig raus.
Einige Zweifler verbleiben in den Reihen der Sekte.
Die Angst, alles zu verlieren und von der eigenen Familie für immer verstoßen zu werden, ist zu groß.

Zeugen Jehovas fordern ihre Anhänger auf, Hass, Ekel und Abscheu vor dem Abschaum (Abtrünnige) zu empfinden.
Gegen Abtrünnige wird immer wieder in Vorträgen gehetzt und sie werden als Lügner verunglimpft.

Ausgestiegene in ihren wichtigen Rollen als Aufklärer/innen werden hin und wieder von den Organisationen verklagt.

Erfahrungsberichte ausgestiegener Zeugen und Zeuginnen Jehovas findest du -> hier!
Über den Ausstieg der Söhne von Ivo Sasek kannst du -> hier! mehr erfahren!


Woran erkenne ich eine Sekte?

Woran du eine Sekte erkennst, ob Sekten gefährlich sind und wie du dich schützen kannst, dazu findest du hier mehr.

Was ist eine Sekte?

Das Lovebombing in Sekten

Manipulation durch Gehirnwäsche?

Das informative Faltblatt samt Checkliste von Sekteninfo NRW

Ein verlorenes Leben?

Manche Menschen wenden sich im Erwachsenenalter einer Gruppierung zu, doch viele wurden bereits in diese Parallelwelt hineingeboren. Das Leitbild, welches Eltern und Familie vorgeben, werden zur eigenen Realität. Es besteht kaum eine Chance, aus diesem System auszubrechen. Das Kind ist im Werte- und Lehrsystem der Eltern gefangen und ihm ausgeliefert.
Auf Gedeih und Verderb. Denn wem, wenn nicht den eigenen Eltern, kann ein Kind vertrauen?

Hat man eine Sekte verlassen, blickt man zurück und stellt vielleicht fest, dass alles vergebens war. Investierte Arbeitskraft, Lebenszeit, Herzblut, die eigene Gesundheit… um dann alles zu verlieren.
Das ehemalige Mitglied wird verstoßen. Von der eigenen Mutter, dem eigenen Vater, oder auch dem eigenen Kind.

Auch hier sind sich die Sektenführer einig!

Andere verkraften den Schmerz des Verlustes nicht und kehren wieder in die Fänge der Sekten zurück. Wiederrum andere begehen in ihrer Verzweiflung Suizid.
An den Händen der Sektenführer klebt Blut.

Über Sektenaussteiger und ihre verlorene Identität liest du -> hier!


Solltest du Betroffene/r sein und Hilfe benötigen, wende dich bitte an Opfer- und/oder Hilfsorganisationen.
Aussteiger/innen der Zeugen Jehovas lege ich den Opferhilfeverein JZ.help ans Herz.
Ein Team Beratender steht dort für dich bereit.

Für Aussteiger/innen der OCG gibt es Hilfe bei ocg-aussteiger.de

Danke, lieber Anis Ferchichi.
Ich habe dich als freundlichen und zugewandten Menschen ohne Allüren kennengelernt.
Du warst mit deinen Fragen und Interesse super vorbereitet und unser Gespräch machte richtig Spaß.
Auch, wenn man nach dem Schnitt wie üblich einiges nicht sieht.

Es war mir eine Freude!


Alles Gute für dich und alle Leser/innen!
Deine Esther

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich erhebe mit diesem Artikel nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Sollte dir ein Fehler auffallen, oder gar ein Punkt in der Auflistung fehlen, lass es mich gerne wissen!

> info (at) esthergebhard.de








Info: Dieser Artikel wurde durch eine Frage an eine KI inspiriert.

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