Kinder der Zeugen Jehovas in Kriegszeiten

Das Leid der Sektenkinder in Kriegszeiten

Seit Donnerstag, 24. Februar 2022 ist unsere Welt eine Andere, als die, die sie am Abend zuvor noch war. Vor unserer europäischen Haustüre zettelte der Autokrat Putin einen vernichtenden Krieg gegen die Menschen in der Ukraine an. Wir hoffen, dass dieser Wahnsinn ein schnelles Ende findet und wir wieder in friedlicheren Zeiten leben können.

Wünschen sich wirklich alle Menschen Weltfrieden?

In Endzeitsekten wird dem Ende unserer Welt entgegengefiebert. Ein Krieg vor der Haustüre Europas, in Zeiten einer noch dazu herrschenden Pandemie scheinen Beweise dafür zu sein, dass Gott sehr bald in Form einer grausamen und blutigen Schlacht gegen die Menschheit eingreifen wird. Im Anschluss wird „Er“ ein Paradies auf Erden errichten, in dem eine kleine Gruppe Überlebender in Frieden und ohne Krankheiten für immer leben werden. Natürlich bekommen nicht alle Menschen das Ticket ins Paradies. Nur jene, die der einzig wahren Religion, der einzig wahren Organisation Gottes auf Erden angehören. Die Zeugen Jehovas sind überzeugt davon, diese Auserwählten zu sein.

Die Mitglieder der Zeugen Jehovas glauben sich auf den Krieg Gottes, den sie Harmagedon nennen, vorbereitet. Seit Gründung ihrer Glaubensgemeinschaft im 19. Jahrhundert in Amerika durch den ehemaligen Adventistenprediger C. T. Russell wurde immer wieder spekuliert, wann das Ende kommt.
Seit jeher sind die Publikationen der Wachtturmgesellschaft deshalb voll mit Artikeln und eindrücklichen Bildern, die Gottes große und grausame Schlacht beschreiben. Ein Zeuge Jehovas ist überzeugt davon, dass dieser Moment jeden Augenblick über die Menschheit hereinbrechen wird. Und das seit nun fast 140 Jahren. Aber selbst ein getaufter Zeuge Jehovas kann sich nie sicher sein, ob er Gnade in Gottes Augen findet und ins Paradies errettet wird. Denn „seine“ Anforderungen sind hoch. Viel predigen, noch mehr spenden, bei jeder sich bietenden Gelegenheit über Jehova sprechen, ob es das Gegenüber möchte oder nicht. Und gemäß der Bibel leben, der Bibel der Wachtturmgesellschaft.
Wird Jehova anerkennen, dass du es dir wirklich verdient hast, seine blutige Schlacht zu überleben und ins Paradies zu kommen? Beherrscht dich die Angst, nie genug für seine Organisation getan zu haben? Damit bist du nicht allein!

Die Organisation übt Druck auf ihre Anhängerschaft aus.
Sich diesem Druck auszusetzen oder eben nicht ist die Entscheidung derjenigen Erwachsenen, die sich der Gemeinschaft bewusst zuwenden. So unverständlich dies auch auf uns Außenstehende wirken mag. Ein erwachsener Mensch trägt die Verantwortung für sein Denken, Handeln und sein Leben selbst.
Jedoch beschränkt sich dieser Druck und das „Einschwören“ auf die eigenen Lehren nicht auf die Erwachsenen, auch vor Kindern wird nicht Halt gemacht. Kaum auf der Welt, werden sie bereits im Kinderwagen zu den Versammlungen geschoben, um dort von nun an der Dauerbeschallung von Gottes Schlacht, Blutvergießen und Tod ausgesetzt zu sein. Spezielle Publikationen für Kinder sollen diese zu gottesfürchtigen Menschen – oder besser zu Hörigen der Lehren der Gemeinschaft – züchten. Und ja, sie fürchten sich! Die Kinder fürchten, nie gut genug zu sein in den Augen Jehovas. Sie fürchten Satan, seine Dämonen und ihren eigenen Tod. Sie fürchten den Ausschluss aus dem zukünftigem Paradies, oft nur, weil sie vielleicht mal geflunkert haben, mit dem falschen Spielzeug spielten oder mit ihren Freunden aus der Nachbarschaft. Die möglichen Strafen hierfür sind allgegenwärtig, in den Geschichten der Ältesten, der Mitbrüder und -schwestern, der Publikationen und in der eigenen angestachelten Fantasie!
Und das sind keine Kinderfantasien, die es herabzulächeln oder zu verharmlosen gilt. Es ist ein als Wahrheit verkauftes Szenario im Mikrokosmos der Zeugen Jehovas. Es ist deren brutale Realität! Ein Paralleluniversum. Auch in den beheizten, warmen Kinderzimmern der nicht von Krieg betroffenen Kinder außerhalb der Kriegszonen existiert Todesangst. Ausgelöst durch die vermittelten, irrealen Endzeitbilder und verstärkt durch die Realität in Zeiten von Krisen, wie wir sie momentan eine erleben.
Und all das wird unter dem Deckmäntelchen der Religionsfreiheit toleriert?

Diesen Kindern gelten meine heutigen Zeilen.

Kinder sind die verwundbarsten und verletzlichsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Kinder brauchen unseren Schutz. Diesen Schutz auch innerhalb von Sekten zu gewährleisten ist die längst überfällige Aufgabe von Entscheidungsträger:innen und Politiker:innen. Ich rufe Sie auf, diesen schrecklichen Missständen ein Ende zu setzen. Sehen Sie nicht länger weg! Handeln Sie! Schützen Sie diese Kinder! Akzeptieren Sie keine Kindeswohlgefährdung! Wiegeln Sie Lehrinhalte und Erziehungsmethoden von religiösen Sondergemeinschaften, Randgruppierungen, Religionen und Sekten nicht lapidar als „Religionsfreiheit“ ab. Diese Kinder sind nicht frei. Sie sind gefangen in einer künstlich geschaffenen Blase und in großer Not! Sie haben die Entscheidung für ein solches Leben nicht für sich selbst getroffen, sondern werden alternativlos in diesem Konstrukt erzogen und geprägt. In vielen Fällen werden sie psychische Schäden davontragen. Solche, wie wir sie in Opferhilfevereinen immer wieder feststellen müssen, denn dort begegnen wir diesen gezeichneten Seelen.

Alle Kinder haben ein Recht auf ein kindgerechtes Aufwachsen und Leben, frei von seelischen Qualen.
Sie haben ein Recht auf Schutz. Es ist auch Ihre Aufgabe, sie zu schützen! Handeln Sie bitte und handeln sie schnell!

Wir alle sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine. Bei den Frauen, Kindern und Männern, die jetzt die Grausamkeiten eines Krieges erleben müssen. Bei den Menschen, die sich auf der Flucht befinden.
Ein jeder einigermaßen empathische Mensch ist zutiefst betroffen und schockiert und empfindet tiefes Mitgefühl. Viele beten, der Krieg möge schnellstmöglich enden und wieder friedliche Zustände einkehren.
Dabei denke ich ganz besonders auch an die Kinder der ukrainischen Zeugen Jehovas, die nun in Bunkern ausharren müssen. Mit der Bibel in der Hand und der Angst vor Gottes blutiger Schlacht im Herzen. Angst vor dem eigenen qualvollen Sterben, Angst davor, zusehen zu müssen, wie geliebte Menschen (Schulfreunde, Spielkollegen, Verwandte – die keine Zeugen Jehovas sind) von Gott grausam getötet werden, wie sie verbrennen oder erschlagen werden.
Angst vor Vernichtung, Angst vor dem Tod. Was für eine Seelenqual!

Als wäre das Szenario des tatsächlichen Krieges nicht schlimm genug!

Ich möchte laut schreien! HÖRT AUF DAMIT!

Weiterführende Informationen finden Sie hier: jz.help